Bohnen
zählen
Eine Geschichte
Es war einmal eine sehr alte Frau, die glücklich und
zufrieden lebte. Viele Menschen beneideten sie, weil sie eine echte
Lebenskünstlerin war. Die alte Frau verliess niemals ihr Haus ohne eine Handvoll
getrocknete, weisse Bohnen mitzunehmen. Sie tat dies nicht etwa, um die Bohnen
zu kauen, nein, sie steckte sie einfach in die rechte Tasche ihrer Jacke. Jedes
Mal, wenn sie tagsüber etwas Schönes erlebte – den Sonnenaufgang, das Lachen
eines Kindes, eine kurze Begegnung, ein gutes Mahl, einen schattigen Platz in
der Mittagshitze – nahm sie dies ganz bewusst wahr, freute sich darüber von
Herzen und liess eine Bohne von der rechten Tasche in die linke gleiten. War das
Erlebnis besonders schön und gar überraschend, wechselten zwei oder drei Bohnen
die Seite. Abends sass die alte Frau dann zu Hause und zählte die Bohnen aus der
Tasche. Sie zelebrierte dies geradezu und führte sich so vor Augen, wie viel
Schönes ihr an diesem Tag widerfahren war. Und auch an einem Abend, an dem sie
bloss eine Bohne zählen konnte, war der vergangene Tag ein gelungener Tag – es
hatte sich zu leben gelohnt.
Heute wären bei mir viele Bohnen von einer Tasche in die Andere gewandert. Ein schöner Tag mit vielen lieben Menschen .
Danke dafür.